BE-U | Behrens-Ufer, Berlin

Auftraggeber: DIE Deutsche Immobilien Entwicklungs AG
Aktivität: Konzept, LP 1-5
Bearbeitung: 2021-2024
Flächengröße: 10 ha
Ort: Berlin-Oberschöneweide

Wie viele Industrie- und Arbeitsstätten des 20. Jahrhunderts wurde auch das Areal des heutigen BE-U | Behrens-Ufer als ein Ort der optimierten Produktionsabläufe und effiziente Arbeitsstätte entworfen und realisiert. Der Aspekt der Gestaltung und der Repräsentation wurde bei dem Neubau der Nationalen Automobil-Gesellschaft (NAG) nur mittels Architektur umgesetzt. Die Freiflächen des Areals waren in Gänze durch funktionale Aspekte bestimmt und bildeten einen Verkehrs- oder Funktionsraum. So prägten von Beginn an großflächig versiegelte Bereiche, zahlreiche Infrastrukturen wie Gleise den Charakter des Freiraums. Da das Areal des heutigen BE-U seit der Errichtung kontinuierlich genutzt wurde, blieben die Freiflächen größtenteils reine Funktions- und Verkehrsflächen. Im Laufe der Entwicklung wuchs ein Mosaik an Materialien, Oberflächen, offenen Reststücken und verlegenem Abstandsgrün. Mit rückläufiger Nutzung und Pflege eroberte sich die (Stadt)Natur stellenweise aber sukzessive den Freiraum des Behrens-Ufers zurück, vornehmlich auf gestörten, offenen Flächen und an Bruchstellen oder in Fugen von Belägen.

Unsere Idee ist es, nicht nur der Geschichte, sondern auch der Gegenwart des Ortes Rechnung zu tragen. So bildet der Bestand mit seiner Materialität und seinem Charakter den Ausgangspunkt für die Zukunft des BE-U. Zusätzlich wird dem Areal großräumig seine vorindustrielle, somit vor-Behrens’sche Dimension „Naturraum“ zurückzugeben – eine Zeit, als die „schöne Weyde“ an den Ufern der Spree noch ein Ausflugsziel im Grünen war.

Der neue Grün-Layer des BE-U ist ein vielschichtiger, multidimensionaler Raum. Als Naturraum übernimmt er grundsätzlich ökologische Funktionen (vgl. Biodiversitätskonzept). Er bietet Flora und Fauna unterschiedlichste Lebensräume und trägt zu einem intelligenten Regenwassermanagement im Quartier bei. Ferner entsteht in Kombination mit dem historischen Bauensemble nicht nur eine neue Adresse mit hohem Wiedererkennungswert, sondern auch ein Erlebnisraum beim alltäglichen Weg durch das grüne BE-U und entlang des Spreeufers. Darüber hinaus entstehen im Grün-Layer verschiedene Orte des Begegnens, des Rückzugs und der Erholung – für Mensch und Tier.
Das Konzept des Grün-Layers entwickelt sich dabei räumlich über alle Flächen: Ufer – ebenerdiger Freiraum – Fassade – Dachfläche.

Freiraum

Die zwei großen Vorzüge des Behrens-Ufers stecken bereits im Namen: Zum einen das historische Bauensemble des Peter-Behrens-Baus, zum anderen die direkte Lage am Ufer der Spree. Beide Aspekte bilden die Grundlage des Freiraumkonzepts. Ziel ist es, den Landschafts- bzw. Naturraum mit der Architektur zu verbinden. Die unterschiedlichen Räume werden verknüpft, erschlossen und erlebbar gemacht, historische Spuren herausgearbeitet und neue Sichtbeziehungen hergestellt. Der Freiraum wird zum Aushängeschild des Behrens-Ufers. Dabei stellt der als Grün-Layer gedachte Freiraum ein mehrdimensionales Gebilde dar – räumlich und inhaltlich.
Neben den bestehenden Flächen des Straßenniveaus (Industriepark) und des Ufers (Uferpark) werden sowohl die Vertikale der Fassaden als auch die Dachebene (Dachpark) des Quartiers durch eine ökologisch sensible Freiraumgestaltung verknüpft. Jeder Bereich erhält seinen eigenen räumlichen Charakter.

Gestaltung

Neben den neuen, teils öffentlich zugänglichen Grünflächen an und auf den Neubauten bildet der ebenerdige Industriepark den prägnantesten Bereich, denn hier materialisiert sich die Geschichte des BE-U. Die großflächig als Belag verbauten Materialien (Industriebetonplatte, Ortbeton, Gussasphalt, Schlackepflasterstein und verschieden Naturpflastersteine) prägen die robuste Materialität des Freiraums. Wie Intarsien gliedern Reste der alten Gleisstränge an mehreren Stellen das Belagsmosaik im Bestand. Die Gestaltung sieht konzeptionell vor, analog zu dem fast vollständig versiegelten Bestand, in den neuen, großen Belagsflächen aus Beton durch polygonales Zerschneiden, Verschieben und Entnehmen einzelner Schollen entsiegelte Flächen für Flora und Fauna sowie Regenwasserretention zu schaffen. Zusätzlich werden in einzelnen entnommenen Teilstücken historische Materialien wie Pflastersteine als eine Art „historisches Fenster“ wiederverwendet. Ferner soll recycelter Plattenbruch auf weiteren Teilflächen zum einen den postindustriellen Charakter des Ortes betonen, zum anderen darf sich entlang dieser Bruchkanten die Natur sukzessive ihren Weg bahnen.

Die Auswahl der vielschichtigen Vegetation des BE-U geht über die rein ästhetische Komponente hinaus. Neben den ökologischen Aspekten (Lebensraum, Nahrung) stehen die klimatischen Dimensionen (Schatten, Retention und Verdunstung, Mikroklima) im Zentrum der Planung. Die ausgewogene Kombination aus naturnahen, dafür den Menschen fernen Sukzessionsflächen und detailreich gestalteten und intensiv gepflegten Aufenthaltsbereichen für die Erholung des Menschen schafft einen Mehrwert für das BE-U | Behrens-Ufer als visionären Produktions- und Arbeitsort.