Botanischer Volkspark Blankenfelde, Berlin

Auftraggeber: Grün Berlin GmbH
Kooperation: UBB Dr. Klaus Möller GmbH Hans-Georg Kosel Dr. Hanna Köstler Ökoplan GbR Dr. Susanne Salinger Silas Ploner Büro Christian Meyer
Bearbeitung: 2014-2016
Flächengröße: 20 ha
Ort: Berlin-Pankow

Der über 100 Jahre alte Botanische Volkspark Blankenfelde-Pankow ist von Albert Brodersen auf einem ehemaligen Rieselfeld um 1910 als Schulgarten gegründet worden und steht seit 1994 unter Denkmalschutz. Um die Weiterentwicklung des Gebietes im Spannungsbereich zwischen Botanischen Schau- und Gewächshausbereichen und Kulturlandschaft sowie dem Erhalt des ökologischen Potenzials zu ermöglichen, wurde als Grundlage der durchzuführenden Maßnahmen ein Entwicklungs- und Maßnahmenkonzept erstellt, das als Projektskizze im Rahmen des Umweltentlastungsprogrammes eingereicht wurde. Die vorgeschlagenen Maßnahmenbündel optimieren die ökologischen Bedingungen und die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts und erhalten die Vielfalt, Eigenart und Schönheit des Landschaftsbildes. Zudem werden Bildungs- und Naherholungsangebote geschaffen.

 

Aufgabe | Zielstellung

Im Spannungsfeld zwischen Naturschutz, Denkmalschutz und Erholungsansprüchen war es vorrangige Aufgabe, die prägenden landschaftlichen Elemente der brandenburgischen Landschaft in ihrer Schönheit und Eigenart wieder für den Besucher erlebbar zu machen. Dies setzte eine äußerst komplexe und behutsame Sanierung des unter Landschaftsschutz und Denkmalschutz stehenden Teils des Botanischen Volksparks und die Freistellung von Blickbeziehungen zur Wahrnehmung der sanften Topografie voraus. Neben der Beseitigung von störenden Baulichkeiten und dem Wegeneubau wurden im Rahmen des UEP II-Projektes vorrangig

  • nicht standortgerechte und invasive Arten durch behutsame waldbauliche Methoden in dem besonders schutzwürdigen Parkwald entfernt
  • die entlang der Wege vorhandenen, dichten Gehölzbestände ausgelichtet
  • die alten Obstbaumalleen durch Neupflanzungen vervollständigt
  • die Gewässer durch selektive Entfernung der Gehölze wieder erlebbar gemacht
  • die Botanische Achse als Haupterschließung durch wegebegleitende Wildstauden in ihrer Repräsentativität vervollständigt
  • ehemalige Lager- und Kompostflächen in den Park eingegliedert.

Zudem erfolgte die Sanierung der Geologischen Wand, die ein besonderes, für den Berlin-Brandenburger Raum einzigartiges Baudenkmal darstellt. Schließlich wurde noch ein Konzept für die nachhaltige und publikumswirksame Bewirtschaftung der drei Ackerschläge erarbeitet.

 

Zeitschichten

1909 wurde der im Jahr 1874 im Humboldthain begründete erste ZentraIschulgarten Preußens nach Berlin-Blankenfelde verlegt und durch den Berliner Stadtgartendirektor Albert Brodersen neu konzipiert. Von 1939 bis 1952 wurde der Schulgarten vorwiegend für die Versorgung mit Gemüse und Gemüsepflanzen genutzt. Ab 1952 war die Anlage Zentralstation der Jungen Naturforscher „Walter Ulbricht“. 1977 wurde der Schulgarten durch die Humboldt-Universität für Forschung und Lehre übernommen, wodurch der Bildungsaspekt nochmals verstärkt wurde. Seit 1994 steht die Parkanlage unter Denkmalschutz. Ein Teil des Botanischen Volksparks steht zudem seit 2004 unter Landschaftsschutz (LSG Blankenfelde). Ab 2011 betreut Grün Berlin GmbH die Anlage im Rahmen eines Nutzungsvertrages mit dem Bezirksamt Pankow als „Botanischer Volkspark Blankenfelde-Pankow“.

 

Die Interventionen

Waldentwicklung | Für den ca. 8 ha großen Parkwald wurden Maßnahmen zur Waldentwicklung ausgearbeitet. Ziel war es, das in der Schulgartenzeit künstlich entstandene Waldmosaik (bzw. deren Relikte) als botanische Besonderheit aufrecht zu erhalten und die unterschiedlichen Waldgesellschaften nachhaltig so zu entwickeln, dass ihre Eigenheiten bestehen bleiben und durch den Besucher wahrzunehmen sind. Alle Waldtypen wurden durch einen Rundweg erschlossen, der auch als Waldlehrpfad fungiert. Im Waldinneren abseits der Hauptwege wurde die Entwicklung zu Naturwaldbereichen mit Alt- und Totholz gefördert. Durch die gezielte Entnahme von invasiven Arten und standortfremden Gehölzen und behutsame waldbauliche Maßnahmen (wie den Einsatz von Rückepferden) konnten die ökologisch wertvollen Strukturen (vor allem Brut- und Höhlenbäume, Baumrelikte und Totholz) in diesem Bereich erhalten und eine naturnahe Entwicklung des Parkwaldes gewährleistet werden.

Obstbaumalleen | Ein besonderes Highlight in der jahreszeitlichen Abfolge stellen die historischen Obstalleen dar. Die Blüte im Frühjahr sowie die Ernte der alten Obstsorten im Spätsommer und Herbst locken viele Besucher. Die ältesten Obstbäume im Botanischen Volkspark stammen aus den 1940er Jahren. Die Obstbäume wurden durch Schnittmaßnahmen behutsam behandelt und revitalisiert. Wo Lücken in den Alleen waren, wurden alte Obstsorten nachgepflanzt. Vorab wurde ein entsprechendes Gutachten und eine Sortenbestimmung des Baumbestands erstellt.

Geologische Wand | Die Geologische Wand wurde 1909 am östlichen Rand des Parkwaldes im Botanischen Volkspark Blankenfelde errichtet. Sie stellt einen idealen Schnitt durch die Schichten der Erdkruste Mitteleuropas dar. Hierfür wurden Gesteine aus dem Harz, aus Thüringen, Sachsen, Schlesien und dem Rheinland zusammengestellt. Im Rahmen der UEP II-Maßnahmen wurde die Geologische Wand schonend gereinigt und abgedichtet. Fehlende Steine bzw. Gesteinsformationen wurden in Anlehnung an das historische Konzept wiederhergestellt. Um den ursprünglichen Zweck der Wand, nämlich die pädagogische Vermittlung, zu reaktivieren, wurde das unmittelbare Umfeld der Geologischen Wand für den Aufenthalt von größeren Besuchergruppen (z.B. Schulklassen) optimiert.

Botanische Achse | Die Botanische Achse ist die zentrale Erschließung des Botanischen Volksparks und wird beidseitig von Staudenrabatten gesäumt. Der östliche Abschnitt wurde bereits vor einigen Jahren neu angelegt.
Für den westlichen Bauabschnitt galt es zunächst die Gehölze zu entfernen, die den Überblick und die Orientierung stark beeinträchtigten bzw. durch unzulängliche Pflege dem repräsentativen Charakter der Achse nicht mehr gerecht wurden. Da der westliche Abschnitt innerhalb des LSG liegt, wurde zur Fortsetzung der Staudenpflanzungen ein Pflanzkonzept mit heimischen Wildstauden entwickelt. Die Pflanzung wird durch einzelne, mehrstämmige Birken akzentuiert und leitet somit den Parkbesucher in den naturnahen Parkwald.

Gewässersanierung | Die vorhandenen Gewässer (Waldteich, Graben und Großer Zingerteich) stellen wesentliche Attraktionen des Parks dar. Sie waren in den vergangenen Jahrzehnten verschlammt und die Uferbereiche durch Gehölzaufwuchs kaum wahrnehmbar. Der Waldteich wurde auf der Grundlage eines Sanierungskonzeptes entschlammt. An allen Gewässern wurde zudem der Wasserstand reguliert. Punktuell wurden die Uferbereiche unter Berücksichtigung naturschutzfachlicher Aspekte ausgelichtet, so dass Sichtbezüge auf die Gewässer geöffnet wurden.

Dreifelder-Landwirtschaft | Eine Besonderheit des Volksparks stellt die integrierte landwirtschaftliche Nutzung dar. Hier kommt die idealtypische brandenburgische Landschaft mit ihrer sanften Topografie besonders gut zur Geltung. Hierfür wurde ein Konzept zur Dreifelder-Landwirtschaft auf den drei vorhandenen, jeweils ca. 1 ha großen Ackerschlägen des Volksparks erarbeitet. Unter dem Motto „schöne Landwirtschaft“ wurde eine ökologische Bewirtschaftung initiiert. Aufgrund der Lage im Landschaftsschutzgebiet wurde besonderer Wert auf eine bodenschonende und die biologische Vielfalt unterstützende Anbauweise sowie artenfördernde Pflanzenauswahl gelegt. Das Konzept umfasst folgende Inhalte:

  • ein modulhaftes Fruchtfolgekonzept unter Einbeziehung von „schönen und nützlichen Aspekten“ wie Bodenfruchtbarkeit, Gründüngung, Blühaspekt sowie Mehrwert für Fauna und Flora
  • Kulturpflanzenauswahl inkl. regionaltypische Kulturen, vergessene Kulturpflanzen und alternative Getreidearten
  • ein wechselndes Jahresmotto, das unterschiedliche Komponenten des Landbaus betont und mit Ausstellungselementen, Aktionen und Informationsveranstaltungen verknüpft werden kann

Durch das wechselnde Jahresmotto und die rotierende Fruchtfolge erleben Parkbesucher das gewohnte Landschaftsbild jedes Jahr auf eine neue Art und Weise.