Duisburger Dünen, Duisburg

Auftraggeber: GEBAG Duisburger Baugesellschaft mbH
Kooperation: Christoph Kohl Stadtplaner Architekten STADT + VERKEHR ALB – Akustiklabor Berlin Buro Happold
Bearbeitung: 2020-2021
Flächengröße: 30 ha
Ort: Duisburg
Wettbewerb: 1. Preis

Das Areal der „Duisburger Dünen“, dem ehemaligen Güterbahnhof, liegt unweit der Innenstadt, südlich des Hauptbahnhofs. Trotz Zentrumsnähe wird die 30 ha große Fläche durch die Autobahn im Westen sowie die Bahntrasse im Osten weitestgehend von der Umgebung abgeschnitten.

Das Gelände des 1996 stillgelegten Güterbahnhofs steht seit 25 Jahren zur Disposition. Unterschiedlichste Planungen (Stadion, Einkaufszentrum, Möbelmarkt, Outlet Center etc.) werden jedoch nicht realisiert. Traurige Bekanntheit erlangt der Ort durch das Unglück der Loveparade im Sommer 2010. Mit dem Erwerb der Fläche durch die GEBAG (Duisburger Gemeinnützige Baugesellschaft) 2018 beginnt die Grundstücksentwicklung in Anlehnung an den existierenden Masterplan von Foster + Partners (2009). Dieser sieht ein neues Quartier mit einem Mix aus Wohnen und Arbeiten und eine zentrale Grünfläche vor. Initial startet 2019 der breite Bürgerbeteiligungsprozess, um mögliche Zukunftsideen für das Areal auszuloten. Parallel dazu lädt die GEBAG 2020 siebzehn Teams zu dem städtebaulich-freiraumplanerischen Wettbewerb in zwei Bearbeitungsphasen ein. Anschließend werden bis 2023 aus dem Wettbewerbsergebnis von CKSA | FJP der Bebauungs- sowie der städtebauliche Rahmenplan erstellt. Danach soll das Projekt bis 2032 baulich realisiert werden.

Die grundlegende Frage des städtebaulich-freiraumplanerischen Wettbewerbs ist, wie die Fläche mit einem hohen Maß an Eigenständigkeit und Gesamtqualität in den vorhandenen Stadtgrundriss integriert werden kann. Dabei steht die gesamtstädtische Bedeutung des Areals und dessen städtebaulicher Kontext im Vordergrund. Zu klären gilt, welche Nutzungsbausteine ein tragfähiges Ganzes ergeben. Ferner bedarf die Gedenkstätte für das Loveparade-Unglück eine angemessene Integration in den Freiraum.

 

MISCHUNG

Drei übergeordnete Nutzungskategorien prägen den Charakter des neuen Quartiers: Dienstleistung, urbane Produktion und Wohnen. Dabei ist eine Mischung der Nutzungen erwünscht und soll zukünftig je nach Bedarf steuerbar sein. Im Norden, wo der Hauptbahnhof fußläufig erreichbar ist, liegt das Innovationsviertel mit Büro- und Forschungseinrichtungen. Dieser Bereich bildet eine urbane Ergänzung zum Duisburger Stadtzentrum. Die Riegelbebauten entlang der Bahnflächen im Osten sind vorwiegend für Mischformen aus Gewerbe, Produktionsstätten sowie Quartiersgaragen vorgesehen. Daneben ist der Großteil der offenen Blöcke entlang des Dünenparks prädestiniert für den Schwerpunkt Wohnen. In den Erdgeschosszonen der Wohnbebauung sind sowohl kleinteilige Sozial- und Bildungseinrichtungen als auch Dienstleistungen untergebracht.

FREIRAUM

Das Motiv für den Entwurf der „Duisburger Dünen“ leitet sich aus der Nord-Süd-Dynamik der umgebenden Transitkorridore ab. Die Oberflächenmodulation des Parks reagiert auf unterschiedlichste Faktoren, wie die Autobahn an der Westflanke und diverse Anschlusspunkte an die bestehende Infrastruktur. Dadurch entsteht ein prägnanter, dynamischer Raumfluss, der besonders in der Bewegung wahrnehmbar ist. Die Fuß- und Radwege sowie die Vegetation begleiten kontinuierlich das Spiel der Höhen. Die differenzierten Parkwege ermöglichen immer neue Blickwinkel in den Park, auf das Quartier und die neue Stadtsilhouette.

Aufgrund der zur Autobahn ansteigenden Topografie fungiert die Dünenlandschaft zum einen als Lärmschutz für das Quartier, zum anderen ist sie ein vielseitiger Freizeit- und Erholungsraum. Zusätzlich hat das Freihalten des Frischluftkorridors positive Auswirkungen auf das Duisburger Innenstadtklima. Der neue Dünenpark ist darüber hinaus auch ein zentraler Baustein im städtischen Freiraumverbund. Er verknüpft die innerstädtischen Grünflächen (Immanuel-Kant-Park, Kremerstraße, Bönningerpark) mit den südlich gelegenen, größeren Anlagen (Friedhof Sternbuschweg, Sportpark Duisburg und Sechs-Seen-Platte).

Neben der Topografie des Parks adaptieren auch die baulichen Volumina die fließenden Bewegungen des Ortes. Ebenso verläuft die Raumkante zwischen der neuen Bebauung im Osten und dem Dünenpark im Westen nicht statisch, sondern schwungvoll gebogen. Durch grüne, keilförmige Wohnstraßen entsteht eine Verzahnung des Dünenparks mit der angrenzenden Blockbebauung. Diese grünen Keile reichen tief in das Quartier und schaffen Freiraum für nachbarschaftliche Treffpunkte, Kommunikation und Spiel.

Das Zentrum des Quartierlebens befindet sich am Stadtplatz im Norden des Quartiers. Im Einklang mit dem angrenzenden Wasserbecken und den großzügigen Spiel- und Bewegungsflächen entsteht hier eine qualitätvoller, urbaner Treffpunkt. Als Hommage an die vergangene Bahnnutzung wird ein Fußgängersteg über dem Wasserbecken, in Anlehnung an die abgerissenen Güterbahnhofsarchitektur, hergestellt. Ausgehend vom Stadtplatz kann man die Promenade entlang des Wassers gen Süden flanieren. Am südlichen Ende verschwenkt sie in Richtung der Gedenkstätte.

GEDENKSTÄTTE

Eine zentrale Koordinate des Dünenparks ist der Ort der Loveparade-Tragödie von 24.07.2010. Der Tunnelabschnitt mit der Rampe, wo im Gedränge einer Massenpanik 21 Menschen ihr Leben verloren haben, wird bewahrt. Um den Maßstab der Unglücksstelle erfahrbar zu machen, wird ein Teilabschnitt des Tunnels erhalten und die Rampenanlage in ihrer originalen Dimension wiederhergestellt. Eine Reihe an neuen Ginko-Bäumen auf der Rampe ergänzt die bestehende Gedenktafel an der schmalen Flucht-Treppe der Rampenanlage. Dadurch entsteht ein intimerer Raum für die individuelle Trauer. Zusätzlich informieren Schautafeln auf der höher gelegenen Promenade über die Umstände des Unglücks.

 

Die “Duisburger Dünen” setzen auf die Kombination aus dichtem Stadtquartier und multidimensionalem Dünenpark sowie auf die Synthese aus Geschichte und räumlicher Prägnanz des Areals. Darüber hinaus sorgen innovative Ansätze im Umgang mit Mobilität, Regenwasser und Nutzungsflexibilität für eine zukunftsweisende, neue Adresse in Duisburg.